Der folgende Beitrag, der Teil eines laufenden Promotionsprojekts ist, rückt ein sprachliches Phänomen in den Fokus, das uns im Alltag ständig begegnet. Stellen wir uns folgende Situation vor: Sie haben sich gerade in einem Topf etwas gekocht und vergessen, den Deckel zum Warmhalten zu verwenden. Daraufhin sagt eine Person, die sich um die Genießbarkeit ihres Lieblingsessens sorgt: „Schmeiß den Deckel auf den Topf!“. Womöglich reagieren Sie jetzt verdutzt und fragen sich: Warum soll ich denn den Deckel auf den Topf schmeißen? So präzise kann ich doch gar nicht werfen. Sie antworten daraufhin: „Ok, ich lege den Deckel mal auf den Topf.“
Was sind Put-Ereignisse?
Sicherlich sind in diesem Beispiel auch andere Verben denkbar. In der Fachsprache sprechen wir hier von sogenannten Put-Verben (siehe hier die englische Übersetzung to put: setzen, legen, stellen), die, grob gesagt, ein außersprachliches Ereignis (eine Bewegung mit ein oder mehreren Objekten im Raum, hier in einer Küche), versprachlichen. Genau genommen sprechen wir von einer Bewegungsaktion, d.h., dass eine Person, die sprachlich nicht explizit erwähnt werden muss, einen materiellen (unbelebten) Gegenstand (hier einen Deckel) von einer Position, z.B. von einem Tisch aus, zu einer anderen Position im Raum bewegt (in unserem Beispiel auf den Topf). Das gesamte Ereignis können wir dann als Put-Ereignis bezeichnen, also eine Bewegungsaktion des Setzens, Legens oder Stellens. Zum besseren Verständnis lassen sich Put-Ereignisse, in denen unbelebte Objekte involviert sind, noch in zwei Bewegungsperspektiven unterteilen, nämlich in eine quellorientierte und eine zielorientierte Objektsbewegung. Je nachdem, von welchem Punkt im Raum die Bewegungsaktion sprachlich starten soll, kann das Put-Ereignis von der Quelle aus (z.B. vom Tisch) oder ohne Nennung der Quelle in Richtung Ziel (z.B. der Topf) beschrieben werden. Zwei Beispiele:
1. Nimm den Deckel vom Tisch und leg den Deckel auf den Topf. (Quellorientierte Objektsbewegung)
2. Leg den Deckel auf den Topf. (Zielorientierte Objektsbewegung)
Die quellorientierten Objektsbewegungen unterscheiden sich noch in einem anderen Aspekt von zielorientierten Objektsbewegungen. Hinsichtlich der Put-Ereignisse und ihrer jeweiligen Put-Verben nimmt man in der Forschung an, dass die deutsche Sprache eine Put-arme Sprache sei, d.h. ohne ein Basisverb für zielorientierte Objektsbewegungen (Hermann 2019; Berthele 2012 u.a.). Bezüglich der quellorientierten Objektsbewegungen ist das Basisverb mit nehmen allerdings sehr weit in der deutschen Sprache verbreitet. Was die zielorientierten Put-Verb-Varianten betrifft, so sind hier Differenzierungen vorzunehmen, wie die oben genannten Beispiele schon gezeigt haben (schmeißen vs. legen).
Auch andere Forscher*innen sind der Meinung, dass zielorientierte Put-Ereignisse in der Variationslinguistik des Deutschen bislang wenig Aufmerksamkeit bekommen haben (Lenz 2021 u.a.). Interessanterweise haben sich aber andere Bereiche der Sprachwissenschaft mit Put-Ereignissen beschäftigt, wie z.B. die Sprachtypologie oder die Forschung zum Fremdspracherwerb, allerdings ohne tiefer gehenden Fokus auf die Regionalsprachen des Deutschen. Dabei existieren bereits sprachtypologische Modelle, sogenannte Bewegungskonzepte, die versuchen, Bewegungsereignisse im Allgemeinen theoretisch darzustellen, um die sprachliche Realisierung praktisch erklären zu können (Talmy 2000; Zlatev 2007; Croft 2010 u.a.).
Zwei der wichtigsten Bestandteile, die die Wahl eines Verbs in einem Bewegungsereignis bestimmen, sind die Kategorien Pfad und Bewegung. Die deutsche Sprache hat, neben vielen anderen germanischen Sprachen, in diesem thematischen Zusammenhang eine bestimmte sprachsystemische Eigenschaft: Neben einem Verb, das die Art und Weise einer Bewegung anzeigt, ist noch eine Präposition bzw. eine Präpositionalphrase notwendig, um die Bewegungsrichtung in einem Satz auszudrücken. Dadurch wird das Bewegungsereignis vollständig erfasst. Es gibt im Deutschen kein Verb, das ohne Präposition allein die Bedeutung ‘auf den Topf legen’ ausdrückt. Sprachen, die diese sprachsystemischen Eigenschaften bei der sprachlichen Realisierung von Bewegungsereignissen besitzen, nennt man in der Sprachwissenschaft Satelliten-Sprachen. Das lässt sich an den bereits genannten Satzelementen Deckel und Topf ganz gut erkennen:
3. Leg den Deckel auf den Topf.
Das Verb legen beschreibt also, wie der Deckel auf den Topf gesetzt wird. Die Präpositionalphrase auf den Topf zeigt an, aus welcher Richtung der Deckel auf den Topf gelegt wird, nämlich von oben. Was passiert aber, wenn man das Verb legen durch stecken ersetzt? In unserer Vorstellung müsste der Deckel so beschaffen sein, dass er sich flexibel in den Topf drücken lässt. Oder was wäre, wenn ich den Deckel auf den Topf stelle? Welche Form muss der Deckel haben, damit man ihn auf den Topf stellen könnte? An diesen Beispielen zeigt sich, dass die stoffliche, materielle oder auch formtechnische Beschaffenheit der Gegenstände, die in einem Bewegungsereignis in unser Sichtfeld geraten (in der Forschung nennt man dieses Raum- bzw. Größenverhältnis zwischen zwei Objekten auch Figur-(Hinter-)Grund-Beziehung) maßgeblich darüber bestimmt, welches Put-Verb wir überhaupt wählen können.
Nehmen wir noch das Beispiel, das im Titel dieses Beitrags steht (schmeißen). Wie ist das Verb schmeißen einzuordnen? Neben den materiellen Eigenschaften scheinen auch die räumlichen Aspekte Nähe und Entfernung einen Einfluss auf die Put-Verbwahl zu haben, da schmeißen mit einer größeren Entfernung assoziiert ist, die zurückzulegen ist. Daran anschließend ist auch anzunehmen, dass die jeweiligen Put-Verben offenbar auch unterschiedliche Abschnitte bzw. nur einen Teil einer Bewegungsaktion konkret beschreiben können. Nehmen wir folgende Beispiele:
4. Schmeiß den Deckel auf den Topf. (der Anfang einer Bewegungsaktion)
5. Leg den Deckel auf den Topf. (das Ende einer Bewegungsaktion)
Während bei 4. das Verlassen des Deckels von der Hand konkret beschrieben ist, ist bei 5. nur das Ende der Bewegung, quasi das Ablegen des Deckels auf den Topf, erwähnt. Die übrigen Bewegungsabschnitte, also die Mitte sowie das Ende der Aktion bei 4. und der Anfang sowie die Mitte der Aktion bei 5., müssen wir uns vorstellen (konzeptualisieren). Die sprachliche Realisierung von Put-Ereignissen ist also komplexer, als man annehmen würde.
Es kommt noch dazu, dass Objekte in einem Bewegungsereignis bestimmte Assoziationen hervorrufen können, in denen diese mit bestimmten Handlungen, Aktivitäten oder anderen Prozessen in Verbindung stehen. Wenn Sie über die Jahre eine bestimmte Assoziation durch einen frequenten Gebrauch eines bestimmten Verbs, z.B. bei den Objekten Deckel und Topf, entwickelt haben, mag es Ihnen also vollkommen nachvollziehbar vorkommen, dass Sie den Deckel lieber auf einen Topf schmeißen statt ihn da drauf zu legen. Hier sprechen wir in der Forschung von Linking-Regeln, in denen Objekte mit bestimmten Elementen eines Satzes konzeptuell verbunden sind. Aus der Bedeutungsperspektive würden sich schmeißen und legen also gar nicht so sehr unterscheiden, hier könnte dann eine individuelle oder sogar eine regionalbedingte sprachliche Präferenz vorliegen.
Fokussieren wir uns nochmals auf das Verb legen und nutzen dieses für ein anderes Put-Ereignis:
6. Leg den Verschluss auf die Flasche.
Bei diesem Beispiel entstehen jetzt sicherlich einige Fragezeichen und das ist auch gut so. Es zeigt, dass nicht jedes Put-Verb für jedes Put-Ereignis einsetzbar ist. Das Verb legen scheint weder konzeptuell, also in unserer sprachlichen Vorstellungskonstruktion, noch im Einklang mit der Beschaffenheit der Objekte zu sein, die in unserem visuellen Feld in einem Bewegungsereignis eine Rolle spielen und ausgedrückt werden wollen.
Es gibt unzählige Put-Ereignisse, die unterschiedliche Objekte beinhalten und entsprechend unterschiedliche Put-Verben verlangen. Bis heute hat aber kein Forschungsunternehmen den Versuch unternommen, zielorientierte, unbelebte Put-Ereignisse zu kategorisieren, und darzulegen, welche Put-Verben immer, teilweise oder gar nicht in verschiedenen Satzereignissen funktionieren. Ein solches Unterfangen würde nicht nur das sprachliche Bewusstsein der Muttersprachler*innen fördern, sondern auch dabei helfen, den Spracherwerb des Deutschen zu erleichtern. Sagt ihr im Deutschen jetzt setzen, legen oder stellen? Das ist eine der Fragen, die das im Folgenden beschriebene Projekt beantworten möchte.
Die Situation in den Regionalsprachen
Wie zeigt sich die Put-Verb-Situation im gesamtdeutschen Sprachraum? Der Datensatz, der den unten dargestellten Karten zugrunde liegt, stammt aus einer Online-Fragebogen-Erhebung, die im Arbeitsbereich (Morpho-)Syntax im Rahmen des Akademie-Langzeitprojekts regionalsprache.de (REDE) am Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas in Kooperation mit der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und der Universität Bern entstand (Kasper, Pheiff & Kammers 2024). Neben der Abfrage von Put-Verben untersucht dieses Projekt auch andere grammatische Phänomene. Ein Erkenntnisinteresse dieser Online-Erhebung ist zudem, wie sich die Phänomene horizontal (geographisch) und vertikal (Verteilung der Ergebnisse auf die Sprechweisen: Dialekt-Regiolekt-Standard) verteilen. Die unten dargestellten Karten umfassen ca. 2.200 Antworten, die Personen unterschiedlicher Jahrgänge abgegeben haben.
Abbildung 1: „Deckel auf Topf“ in den drei Sprachlagen Dialekt — Regiolekt — Standard

Die Karten in Abbildung 1 zeigen, dass die deutsche Sprache gar keine Put-arme Sprache ist. Das Put-Verb-Repertoire ist breit gefächert und die oben erwähnten „Basis-Put-Verben“ sind satzspezifisch. Trotz der wenigen Auskünfte von Dialektsprecher*innen ist zu erkennen, dass schon im Dialekt Spezifizierungsverben, also Verben wie legen, die eine ganz konkrete Bedeutung in einem bestimmten Satzereignis haben, Verwendung finden. Weiterhin ist erkennbar, dass je „höher“ eine Sprechweise auf der Dialekt-Standard-Achse angesiedelt ist, desto mehr Spezifizierungsverben werden verwendet. Die semantisch leichten Verben, wie machen und tun, sind zwar im gesamtdeutschen Sprachgebiet weit verbreitet, allerdings sind Regionen zu erkennen, in denen scheinbar mehr Spezifizierungsverben (schwere Verben) bevorzugt werden, was auf einen größeren Variantenreichtum hindeutet. Ein ähnliches Bild weisen die Karten in Abbildung 2 zu dem Ereignis „Verschluss auf Flasche“ auf, die außerdem zeigen, dass sich die Put-Verb-Wahl teilweise fundamental von „Deckel auf Topf“ unterscheidet.
Abbildung 2: „Verschluss auf Flasche“ in den drei Sprachlagen Dialekt — Regiolekt — Standard

Die Regionalsprachen des Deutschen unterliegen also einer Variation in Abhängigkeit von der Sprechweise und vom Inhalt des Satzes, was sich auch grammatisch im Fall der Put-Ereignisse widerspiegelt. Die Verwendung von Put-Verben hängt, wie oben schon angedeutet, u.a. vom konkreten Put-Ereignis, von der räumlichen Nähe bzw. Distanz, von der materiellen Beschaffenheit der Objekte, von der Zusammensetzung der Elemente im Satz, den jeweiligen Vorstellungskonstruktionen, aber auch von den Sprechweisen ab. Eine Antwort auf die Frage, wie sich diese Unterschiede bei der Wahl eines Put-Verbs im intergenerationellen Vergleich zeigen, steht noch aus. Zudem entsteht gegenwärtig ein diachrones Korpus (eine historische Sammlung von Belegen über einen längeren Zeitraum hinweg), das u.a. den Wenkersatz Nr. 3 „Tu die Kohlen in den Ofen“ und eine Reihe von Put-Ereignissen aus anderen historischen Korpora beinhaltet. Der Vergleich der Korpora hilft dabei, die oben angesprochenen Put-Verb-Kategorisierungen zu bestimmen. Überlegen Sie bis dahin gerne selber: Wie würden Sie denn die Kohlen in den Ofen schmeißen? Oder doch lieber legen? Stecken? Werfen? Sie werden merken, dass die Informationen, die das Satzereignis liefert, völlig andere Vorstellungskonstruktionen und Fragen bei Ihnen hervorruft als die Sätze, die wir eben behandelt haben. Viel Spaß beim „Gedankenjonglieren“!
Literatur
Berthele, Raphael (2012): On the use of PUT Verbs by multilingual speakers of Romansh. In: Kopecka, Anetta / Bhuvana Narasimhan (Hg): Events of Putting and Taking, A crosslinguistic perspective. Amsterdam / Philadelphia: John Benjamins Publishing Company, 145–165. (= Typological Studies in Language 100).
Croft, William et al. (2010): Revising Talmy’s typological classification of complex event constructions. In: Boas, Hans C. (Hg.): Constrastive Studies in Construction Grammar. Amsterdam / Philadelphia: John Benjamins Publishing Company: 201–235. (= Constructional Approaches to Language 10).
Fischer, Hanna / Simon Kasper / Jeffrey Pheiff (2022): Wenn Thomas “größer wie” sein Bruder ist. Regionale Variation im Satzbau. Sprachspuren: Berichte aus dem Deutschen Sprachatlas 2(3). DOI: https://doi.org/10.57712/2022-03.
Hermann, Manon (2019): The semantics of German posture and placement verbs in noun-verb phrases. In: Yearbook of the German Cognitive Linguistics Association 7, 93–114.
Kasper, Simon / Jeffrey Pheiff / Heiko Kammers (2024ff.): Digitaler (morpho-)syntaktischer Atlas der deutschen Regionalsprachen (Work in Progress). Konzipiert von Simon Kasper und Jeffrey Pheiff. Bearbeitet von Heiko Kammers. In: Schmidt, Jürgen Erich / Joachim Herrgen / Roland Kehrein / Alfred Lameli (Hg.) (2020ff): Regionalsprache.de (REDE III). Marburg: Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas. Ergebnisse: https://t1p.de/g49s4 [05.09.24].
Lenz, Alexandra (2021): Ein Austriazismus auf Erfolgskurs – geben als Basisverb der zielorientierten Objektsbewegung. In: Linguistik online 110(5), 51–74. DOI: https://doi.org/10.13092/lo.110.8139.
Talmy, Leonard (2000): Toward a cognitive semantics (Vol. II). Cambridge / London: The MIT Press.
Zlatev, Jordan (2007): Spatial Semantics. In: Geeraerts, Dirk / Hubert Cuyckens (Hg.): The Oxford Handbook of Cognitive Linguistics. Oxford: Oxford University Press, 318–350.
Diesen Beitrag zitieren als
Kammers, Heiko. 2025. „Warum schmeißt du denn den Deckel auf den Topf?“ In: Sprachspuren: Berichte aus dem Deutschen Sprachatlas 5(5). https://doi.org/10.57712/2025-05